Restart - unsere kleine "Weltreise"

28Juli2020

Unser erster Stop: Karos und Gretas Landaus in Mecklenburg-Vorpommern. Während dem alten Backsteinhaus neues Leben eingehaucht wird, erfinden wir Lotti als Campingwagen neu. Das Landhaus ist nicht nur unsere erste Station, es wird auch unsere erste Nacht im Auto sein.

Mit dem Vorhaben, Lotti vor der Weiterreise zu verkaufen, holten wir sie aus der Garage von Anjas Mama in Kagel. Die erste Kalkulation über "Wir kaufen dein Auto!" war ernüchternd, sodass ich es nicht über mein Herz bringen konnte, sie abzugeben. Das Thema Autoverkauf wurde vertagt. Hugos Idee, während unserer anstehenden (Weiter-)Reise durch Polen, Slowakei und Tschechien im Auto zu schlafen, stieß anfänglich nicht auf große Begeisterung. Lotti konnte in der Vergangenheit durchaus beweisen, ein absolutes Raumwunder zu sein, dennoch fehlte die Vorstellungskraft. Hugo machte sich kurzerhand ans Werk, baute die Rückbank aus und konstruierte eine klappbare Schlafkonstruktion. Das erste Probeliegen überzeugte, es ist ausreichend Platz für uns und unser Gepäck. Der Auf- und Abbau gleicht Tetris, alles hat seinen Platz, Lücken gibt es nicht.

Die erste Nacht war durchaus erholsam. Der Morgen sehr idyllisch, wir wurden von der Sonne wachgeküsst und der erste Blick fiel auf die große Blumenwiese. Nach einem gemeinsamen Frühstück an einem nahe gelegenen See machten wir uns auf den Weg nach Stettin.

Karo hat uns einen Zwischenstopp im Waldgebiet Ivenacker Eichen empfohlen. Eine gute Gelegenheit sich die Beine zu vertreten und das Waldgebiet des Jahres 2020 zu erkunden. Über die Tatsache, dass wir ausschließlich mit Bargeld bezahlen konnten, waren wir überrascht. Die 18 Euro Eintritt, inklusive Baumkronenpfad, konnten wir uns auf den Cent genau leisten. Die Toilettennutzung allerdings nicht mehr – aber die Not macht bekanntermaßen erfinderisch. Da wir von der frischen Luft und der Autofahrt nach Stettin sehr müde waren, machten wir es uns am Abend in unserem Apartment gemütlich.

Unsere erste Erkundungstour am Morgen führte ins Stettiner Stadtzentrum entlang einer sieben Kilometer langen Touristenroute, die durch rote Linien am Boden gekennzeichnet ist und an allen wichtigen Sehenswürdigkeiten entlang führt. Ein Regenschauer am Nachmittag zwang uns zu einem Zwischenstopp, von dem aus wir das bunte Treiben an einem Pfannkuchenladen (bzw. Berliner für Nicht-Berliner) beobachteten. Auf polnisch heißen Pfannkuchen "Paczki" (gesprochen: paschki). Im Laufe des Tages standen wir noch einmal vor diesem Laden, und diesmal haben wir uns entschlossen einen Paczki zu kosten. Fatale Entscheidung. Was der Khachapuri in Georgien für uns war, wird wohl nun der Paczki in Polen!

Der nächste Tag führte uns zum Stettiner Zentralfriedhof. Ein riesiges Areal umgeben von großen Alleen und wunderschönen alten Bäumen. Wie wir später herausfanden, ist es sogar der größte Friedhof Polens und der drittgrößte in Europa. Seit unserem Besuch auf dem wunderschönen Athener Zentralfriedhof nutzen wir gerne die Gelegenheit neue Friedhöfe zu entdecken. Am Nachmittag haben wir uns auf den Weg zur Jakobskathedrale gemacht, um das Stadtbild von oben genießen zu können. Wir hatten eine tolle Aussicht.

Die kommenden Tage werden wir an der polnischen Ostsee verbringen. Ab jetzt heißt es "Camping". Stephan hat uns eine gute App empfohlen, mit der sich Campingplätze, öffentliche Parkplätze und auch sogenannte "hidden places" zum Übernachten im Auto finden lassen. Als Erstes steuern wir einen Campingplatz an. Wir werden uns langsam steigern.

Rolle rückwärts ...

18März2020

Unser nächstes Ziel: Berlin. Um ehrlich zu sein, unerwartet. Wir haben bewusst auf die Planung einer festen Reiseroute im Vorfeld verzichtet, um zu sehen, wo es uns hintreiben wird. Als Reiseziel haben wir Berlin nicht geplant. Die Stadt bedeutet für uns Heimat, aber wir haben den Verdacht, dass das, was wir vorfinden werden, nichts mit unserer Heimat zu tun hat. Ob die Entscheidung, nach Berlin zurückzukommen richtig ist, wissen wir nicht. Aber es fühlt sich für uns gut an.
 
Wir haben uns also doch kurzfristig umentschieden. Wir haben am Montag alle Informationen zum Coronavirus zusammengetragen, sämtliche Szenarien durchgespielt, in sozialen Medien geschaut, wie sich andere Weltreisende verhalten. Wir haben nach wie vor keine Angst vor einer Ansteckung, aber wir wollen nicht an einem Vorhaben festhalten, was sich unter Anbetracht der aktuellen Situation unvernünftig anfühlt. Die Entscheidung ist uns definitiv nicht leicht gefallen, denn wir haben viel Zeit und Kraft investiert, um uns den Traum einer langen Reise zu erfüllen. Wir werden auch weiter an unserem Traum festhalten, und glauben, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Berlin als Zwischenstopp. Die Sorge, keine Unterkünfte mehr zu finden, sich in einem fremden Land nicht mehr bewegen zu können, ein ungeklärter Auslandskrankenversicherungsstatus und der ungewisse Ausgang der Reisebeschränkungen haben für ein Umdenken gesprochen.
 
Natürlich sind wir etwas traurig. Viel trauriger macht uns allerdings, unter welchen Umständen viele Menschen leben müssen. Wir haben Europa nicht einmal wirklich verlassen, und dennoch haben wir täglich gespürt, wie viel besser es uns im Gegensatz zu vielen anderen Menschen geht. Allein, dass wir überhaupt die Möglichkeit haben, spontan einen Flug zu buchen macht uns glücklich. Für uns steht keine Existenz auf dem Spiel. Dafür sind wir sehr dankbar! Auch für die zahlreichen Angebote, uns Wohnungslosen in nächster Zeit zu unterstützen. Ich bin meiner Untermieterin mehr als dankbar. Sie ist aktuell bei ihrem Mann in Stuttgart und hat uns meine Wohnung überlassen. Keine Selbstverständlichkeit.
 
Was mich aktuell besonders ärgert, sind Kommentare wie "Ach, ein bisschen Zeit zu Hause ist doch toll!" Ich möchte gerne, dass wir den Blick für die Menschen nicht verlieren, die aufgrund des Coronavirus wirklich in einer Krise stecken. Es gibt Menschen, die haben kein Zuhause. Diese Menschen können es sich nicht einfach mehrere Wochen zu Hause gemütlich machen. Deren größte Sorge ist es nicht, ob sie sich in den nächsten Wochen den Hintern abwischen können, sondern ob sie die Krise überleben werden. Auch das Jammern über abgesagte Urlaubsreisen. Urlaub ist Luxus. Genau wie unsere Weltreise. Es gibt außerdem mehr als genug Menschen, die weiter zur Arbeit gehen, die sich für uns jeden Tag der Gefahr aussetzen an dem Virus zu erkranken. Bitte vergesst diese Menschen bei euren Äußerungen nicht und wählt eure Worte bewusst.
 
Während unserer Recherchen zu der "optimalen Packliste" sind wir immer wieder darauf gestoßen, dass Reisende immer eine Rolle Klopapier dabei haben sollten. Mit diesem Tipp im Hinterkopf haben wir in unserer ersten Unterkunft in Athen also eine Rolle mitgehen lassen. Es waren sicherlich fünf Pakete in der Unterkunft gehortet – da haben wir noch Witze gemacht. Nun soll sich zeigen, dass zurück in Berlin, die eine Rolle in unseren Händen mit Gold aufgewogen werden kann. Zumindest mit Blattgold – sie ist gefühlt 0,5-lagig.
 
Normalerweise mag ich die Atmosphäre an Flughäfen. Es gibt so viele unterschiedliche Gründe, warum es Menschen zum Flughafen treibt. Auch schöne Gründe, wie die Reise in die Flitterwochen, ein Auslandssemester oder eine lang ersehnte Urlaubsreise. Heute hatten wir das Gefühl, es gab für alle Reisenden nur einen Grund diesen Flughafen aufzusuchen – um nach Hause zu kommen. Viele Menschen, die mit Hoffnung zum Flughafen kamen, wurden enttäuscht. Zahlreiche, oder besser gesagt nahezu alle Flüge wurden gecancelt. Die Stimmung war angespannt. Ich muss zugeben, ich war auch bereits bei Ankunft am Flughafen (leicht) emotional. Während wir in der langen Schlange standen, um unsere Koffer aufzugeben, hörten wir plötzlich Schreie. Wir konnten sehen, wie Menschen auf der anderen Seite des Counters losrannten, die Mitarbeiter von Turkish Airlines auf den Tresen sprangen. Ich klammerte mich an Hugo, vor Panik, und mir liefen das erste Mal Tränen. Es gab eigentlich keinen Grund, denn wir waren nicht im unmittelbaren Geschehen, aber plötzlich liefen sie. Es wurde Minute um Minute voller am Flughafen. Auch hinter uns reihten sich viele Menschen in die Schlange. Die Turkish Airlines Mitarbeiter waren extrem bemüht, Ruhe zu bewahren. Trotzdem konnte man spüren, dass es auch für sie eine Ausnahmesituation ist. Sie blieben weiterhin freundlich, auch wenn die gecancelten Flüge teilweise zu emotionalen Reaktionen der Reisenden führte. Ich sagte mir "Bleib ruhig, Sophie, alles wird gut." Im selben Atemzug kam mir der Gedanke, dass nur der ruhig bleiben kann, der Sicherheiten hat. Finanziell. Sicherheit, die Unterkunft in einem fernen Land bezahlen zu können. Sicherheit zu wissen, dass man seinen Job nicht verlieren wird. Ich konnte die Emotionen der Menschen nachvollziehen. Während ich mich von der ersten Situation beruhigt habe und so in meinen Gedanken war, wurde es plötzlich unruhig in unserer Schlange. Mehrere Männer, direkt hinter uns, sind ohne erklärbaren Grund aufeinander losgegangen. Die Situation war schnell geklärt, aber da kam es schon über mich. 
Mir liefen die Tränen und ich zitterte am ganzen Körper. Ich wollte da weg. Aber es ging weder vor noch zurück. Es war schwer, mich zu beruhigen, aber nach einigen Minuten und nett lächelnden Menschen um mich, wurde es allmählich besser. Wir haben ein bisschen am Flughafen abgehangen. Sind pünktlich gestartet. Mit der Landung fiel ein Stein vom Herzen. Zu Hause. Heimat. Berlin.
 
Wir werden aus der Situation das Beste machen. Gemeinsam gegen Corona. Wir bleiben erst einmal zu Hause. Mit Klopapier.

Sonderbeitrag zum Coronavirus

15März2020

Wir wollten uns zum Coronavirus in unserem Blog eigentlich nicht äußern. Wir hatten die Hoffnung, dass euch unsere Beiträge Abwechslung zur deutschen Medienlandschaft bringen. Da sich die Situation der Ausbreitung des Coronavirus jedoch weltweit deutlich zuspitzt, und viele Länder ihre Einreisebestimmungen für Reisende anpassen, möchten wir euch gerne an unseren Gedanken und weiterem Vorhaben teilhaben lassen. Wir verfolgen die aktuelle Situation täglich über diverse deutsche Nachrichtendienste. Auch die aktuelle Berichterstattung vom Auswärtigen Amt und von Prof. Drosten in Kooperation mit dem NDR schauen, beziehungsweise hören, wir uns täglich an. Wir sind zusätzlich auf der Krisenvorsorgeliste vom Auswärtigen Amt eingetragen und aktualisieren regelmäßig unseren Standort. Sollte das Auswärtige Amt allen sich im Ausland aufhaltenden Deutschen dazu auffordern, nach Deutschland zurückzukehren, würden wir diesem Rat vermutlich befolgen.

Uns ist bewusst, dass wir bei weiteren Reiseeinschränkungen das Risiko eingehen, für längere Zeit nicht nach Deutschland zurückreisen zu können. Wir sind von Freitag auf Samstag Nacht in die Türkei eingereist. Da wir aus einem Drittstaat kamen, verlief die Einreise ohne Probleme - obwohl Einreisen aus Deutschland bereits untersagt sind. Seit heute werden Deutsche auch nicht mehr über Drittstaaten in die Türkei gelassen. Dem ersten Eindruck nach zu urteilen, scheinen die Menschen in Istanbul einen normalen Alltag zu haben. Weder in Griechenland noch in der Türkei haben wir bisher Einschränkungen im Reisealltag erlebt. Wir sind uns auch bewusst, dass die Fallzahlen, die öffentlich bekannt gegeben werden, sicherlich nicht den tatsächlichen Fallzahlen entsprechen. Für den Fall, dass es auch in der Türkei zu einem Ausnahmezustand kommen sollte, würden es uns ein sicheres Gefühl geben, wenn wir einen Zufluchtsort hätten. Wer Familie oder Freunde in der Türkei hat, bei denen wir für den Notstand Zuflucht finden würden - kann uns gerne den Kontakt vermitteln.

Außerdem werden wir unsere geplante Route anpassen (müssen) - wir werden nicht in den Iran reisen. Diese Entscheidung haben wir getroffen, nicht weil das Ansteckungsrisiko hoch ist, sondern weil fast alle Länder keine Reisenden aus dem Iran mehr einreisen lassen. So wäre eine Weiterreise für uns nahezu unmöglich. Wir gehören beide nicht zur Risikogruppe, haben keine Vorerkrankungen und sind körperlich kerngesund. Vor unserer Abreise haben wir beide sogar einen Check-up gemacht! Daher sind wir hinsichtlich einer möglichen Ansteckung entspannt. Was uns allerdings sehr traurig macht, ist, dass unser geplantes Treffen mit Henni, Hanna und Samuel in Armenien mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht stattfinden wird.

Wir waschen uns oft und gründlich die Hände, und fassen uns nicht ins Gesicht. Wenn wir unterwegs sind und keinen Zugang zu Wasser haben, nutzen wir Desinfektionsmittel. Wir versuchen so gut es geht aufs Händeschütteln zu verzichten. Ein Vorrat an Desinfektionsmittel ist vorhanden.

Wir passen auf uns auf und ihr solltet das auch tun.

Auf Spurensuche der Zentauren

13März2020

Als wir von euch Reisetipps für Griechenland bekommen haben, wurde uns Pelion ans Herz gelegt. Die Google-Rezensionen überschlagen sich mit Schwärmereien für die Halbinsel. Es sind viele Kommentare zu finden, die Pelion als die schönste Region Griechenlands beschreiben. Das Eingangstor zur Halbinsel ist die Hafenstadt Velos. Sie ist die viertgrößte Stadt Griechenlands. Wir machten uns am Nachmittag von Thessaloniki mit unserem neuen Mietwagen auf den Weg. Die durchschnittlichen Airbnb Preise waren im Vergleich zu anderen griechischen Regionen teurer. Wir hatten auch diesmal wieder Glück mit unserem Apartment, und vor allem mit dem Bett. Es war noch gemütlicher als in Thessaloniki, denn das erste Mal seit über zwei Wochen haben wir nicht auf einer Federkernmatratze geschlafen. Unserer Freude nach zu urteilen, anscheinend so etwas wie ein Jackpot für uns! Für vier Nächte. Das Apartment wurde frisch saniert und die Eröffnung fand erst vor Kurzem statt. Am Abend haben wir es uns im Wohnzimmer gemütlich gemacht und Netflix geschaut.

Für den kommenden Tag haben wir uns eine kleine Wanderung auf den alten Eselswegen von Damouchari in das Bergdorf Tsagarada vorgenommen. Schon die Fahrt mit dem Auto nach Damouchari war atemberaubend. Von Velos aus mussten wir, um auf die andere Seite der Halbinsel zu kommen, die Gebirgskette überqueren. Auf den Serpentinen ging es so weit bergauf, dass wir das Gefühl hatten, wir könnten nach den Wolken greifen. Die Straßen waren umringt von zahlreichen Nadelbäumen und die letzten Spuren des Winters waren hoch oben auf der Gebirgskette noch zu sehen.

Unsere Wanderung startet am Ende des Strandes von Damouchari, der nach unserer Ankunft in der Ortschaft einfach zu finden war. Der Strand ist felsig und wunderschön. Nicht verwunderlich, dass er bereits als Filmkulisse diente – hier wurden Szenen von Mamma Mia gedreht. Die Wanderung umfasst hin- und zurück 7 km, die wir auch noch hätten weiter ausdehnen können. Insgesamt mussten wir auf der Strecke 550 Höhenmeter überwinden. Es ging mit kleineren Verschnaufpausen und Blick auf die Ägäis circa 1 1/2 Stunden bergauf. Am Marktplatz von Tsagarada angekommen, erblickten wir die schätzungsweise 1000 Jahre alte Platane. Ein beeindruckender Baum, der laut Reiseberichten jährlich zahlreiche Touristen in das Bergdorf lockt. Außer uns war allerdings weit und breit niemand zu sehen. Wir hatten kein Wasser dabei und es sah nicht so aus, als würden wir in dem Dörfchen etwas zu trinken finden. Da wir bereits auf dem Hinweg kein Wasser dabei hatten, war es fast unmöglich den Rückweg ohne eine Wasserflasche anzutreten. Man konnte sich ausmalen, wie wunderschön es in den Sommertagen sein muss. Durch die Stille kam uns das Dorf allerdings fast unheimlich vor. Die Fensterläden von Hotels und Restaurants waren alle geschlossen. Nach zahlreichen missglückten Versuchen, doch noch auf eine sich öffnende Restauranttür zu stoßen, wollten wir aufgeben. Wir entschieden uns, die Hauptstraße als Rückweg zu nehmen, vielleicht haben wir da etwas mehr Glück. Kurz bevor wir auf die Hauptstraße kamen, führte ein kleiner Weg zu einem Restaurant. Wir wagten einen letzten Versuch – und die Tür ließ sich tatsächlich öffnen. Wir wurden vom Wirt herzlich begrüßt. Da wir mittlerweile nicht nur durstig, sondern auch hungrig waren, bestellten wir Bier und ein paar Kleinigkeiten. Völlig unerwartet haben wir extrem gut gegessen. Frisch auf dem Grill geröstetes Brot mit zahlreichen Gewürzen, Olivenöl und dazu Tzatziki, sowie einen Grillkäse. Gestärkt machten wir uns auf den Rückweg.

Durch die anstrengende Wanderung am Vortag haben wir nur die Gegend rund um unser Apartment erkundet. Wir waren einkaufen und haben uns einfach durch die Stadt treiben lassen. Volos hat zahlreiche Restaurants, Bars und Cafés – und trotz Schulschließungen aufgrund des Coronavirus oder gerade deswegen, waren alle Lokale gut besucht. Von Xara, unserer Airbnb Vermieterin, haben wir Ausflugstipps bekommen, denen wir uns am kommenden Tag widmeten. Pelion wird auch als das Land der Zentauren bezeichnet. Xara riet uns, wachsam zu bleiben, wenn wir im Gebirge unterwegs sind. Die erste Empfehlung führte uns in das Dorf Makrinitsa, wieder entlang der Serpentinen das Gebirge hoch hinauf. Von hier aus hat man laut Xara den schönsten Ausblick auf Velos – und das stimmte tasächlich. Es war sehr beeindruckend von so weit oben auf die Stadt hinunter blicken zu können. Das andere Dörfchen war nicht weiter entfernt. Dort haben wir den "Pfad der Zentauren" erkundet. Ein kurzer, aber wunderschöner Weg, der durch eine Gebirgsschlucht des Pelions führt.


Die gesamte Zeit in Griechenland war für uns wunderschön. Wir hätten vermutlich noch mehrere Wochen hier verbringen können, denn wir haben das Gefühl, noch lange nicht alles gesehen zu haben. Die Entscheidung für einen Mietwagen war genau richtig. Wir werden sicherlich irgendwann noch einmal nach Griechenland reisen - im Sommer, wenn wir auch baden gehen können.

 

Die ertse Zugfahrt

12März2020

In einem von vorne bis hinten vollgemalten Zug sind wir nach Thessaloniki gefahren. Die vielen Bilder auf den Zügen sind nur ein Unterschied zu dem deutschen Pendant. Zudem werden nicht mehr Tickets angeboten, als dass es Plätze in der Bahn gibt. Dies und die netten Sitznachbarn haben zu einer entspannten Fahrt beigetragen. Nachdem wir auch noch pünktlich losfuhren, haben wir die Landschaft an uns vorbeiziehen lassen und konnten die bisherigen Tage Revue passieren lassen.
 
Einige Zeit später ist das rollende Kunstwerk in Thessaloniki eingefahren und wir sind in die Empfangshalle gestolpert. Aus der Ferne konnten wir Gebete hören, die aus einer kleinen Kapelle durch den Bahnhof hallten.
 
Nach so kurzer Reisezeit ist jetzt schon die Qualität der Matratze ein entscheidendes Auswahlkriterium der Apartments, da sich allmählich der Rücken meldet. In Thessaloniki sollten wir in einer gemütlichen kleinen Wohnung eine noch gemütlicheren Matratze vorfinden.
 
Leider war unser Aufenthalt in der Stadt etwas verregnet. Natürlich konnten wir jetzt unsere Regenjacken auf die Probe stellen und haben uns nicht von Erkundungstouren abbringen lassen. Im Endeffekt haben wir die Zeit genutzt, um die nächsten Tage zu planen – gemütlich vom Bett aus.

Efcharistó, für das tolle Wetter

11März2020

Unser Weg führt uns in die Nähe der Hafenstadt Nafplio. Wir haben uns für die nächsten zwei Nächte ein kleines Apartment mit Meerblick gebucht. Allerdings ist das auf Peloponnes nichts Besonderes. Der Küste entlang reiht sich ein Dorf am anderen - und so haben vermutlich viele Apartments und Hotels einen Blick auf das Meer. Wir versuchen, Ferienwohnungen oder Apartments zu finden, die nicht teurer sind als 25-30 Euro pro Nacht. Sicherlich ist es möglich, wesentlich günstigere Übernachtungsmöglichkeiten zu finden, allerdings genießen wir die Privatsphäre. Es wird sicherlich noch früh genug kommen, dass wir uns den Luxus nicht mehr leisten können! Um im Tagesbudget zu bleiben, gleichen wir die Kosten durch den Verzicht täglicher Restaurantbesuche aus. Bei uns herrscht Arbeitsteilung: Hugo kümmert sich um unser leibliches Wohl und ich recherchiere Unterkünfte, Routen, Ausflüge, Mietwagen und so weiter. Das nimmt mehr Zeit in Anspruch, als ich erwartet hatte.

Wir waren durch die Kapwanderung spät dran. Die Sonne ging unter und wir hatten noch eine Stunde Fahrt vor uns. Auf dem Weg in unsere neue Unterkunft wollten wir noch einen stop zum Essen in Nafplio einlegen. Diesen Plan haben wir nach unserer Ankunft schnell wieder verworfen. Es wimmelte nur so von Menschen. Die Restaurants waren gut besucht und es sah auf den ersten Blick nicht so aus, als würden wir schnell einen Platz finden. Anstatt weiter zu suchen, entschieden wir uns doch erst zur Unterkunft zu fahren und dann im Dorf auf Essenssuche zu gehen. Ganz zu Hugos Freude, denn hungrig bin ich schwer auszuhalten. Es ist erstaunlich wie gut Hugo es hinbekommt mich nicht zur Diva werden zu lassen. Da die Dörfer so klein sind, gibt es keine Straßennamen und Google Maps navigiert einen zur Dorfmitte. Natürlich haben wir den Weg trotz Beschreibung von unserem Airbnb Host Nikos nicht gleich gefunden. Er hat uns schlussendlich an einer großen Straße eingesammelt. An diesem Abend hatte nur noch ein kleiner Imbiss geöffnet. Die Essenswahl fiel auf Tsatsiki und Souflaki. Viel mehr stand trotz üppiger Karte auch nicht zur Auswahl. Die Kommunikation mit der Kellnerin beschränkte sich auf Körpersprache. Ihr mehrfaches "Nai" interpretierten wir automatisch als "Nein", trotzdem notierte sie sich fleißig unsere Bestellung. Das sorgte für kurze Verwirrung. Hugo und ich einigten uns darauf, uns einen Grundwortschatz an Vokabeln für jedes Land anzueignen. Seitdem benutzen wir fleißig das Wort "Efcharistó" (gesprochen efkaristo) also "Danke", was häufig zu einem netten Lächeln der Griechen führt. Wir sind am Abend todmüde ins Bett gefallen.

Wir haben ewig geschlafen. Als wir endlich bereit waren in den Tag zu starten, plötzlich, Stromausfall. Nachdem das Problem trotz eines Fachmannes nicht behoben werden konnte, sind wir in das Apartment nebenan gezogen. Nach dem angebrochenen Tag war es bereits zu spät, um die Palamidi Festung zu besichtigen. In der Nebensaison schließen die meisten Sehenswürdigkeiten bereits gegen 15.00 Uhr, für uns Langschläfer manchmal eine kleine Herausforderung. Hugo entdeckte auf seiner App maps.me (Offlinekarten) ganz in der Nähe eine "Sehenswürdigkeit", die sich "Death Cave" nennt. Seine, beziehungsweise unsere Neugier war (man mag es kaum glauben) geweckt. Ohne zu wissen was uns erwarten wird, haben wir uns ganz nach dem Motto: "Irgendetwas wird es schon zu sehen geben" mit Lotti auf den Weg gemacht. Was wir nicht erwartet haben, war eine Küstenstadt dieser Größe. Atos war außerdem überfüllt mit Menschen. Die griechischen Feiertage ähneln zwar den deutschen, also alle wichtigen christlichen Feiertage stehen auch bei den Griechen im Kalender. Abweichend ist jedoch die Berechnung des Osterdatums und alle davon abhängigen Feiertage. In Griechenland ist die orthodoxe Kirche maßgebend und deren Kalender berechnet sich ein klein wenig genauer als unser gregorianischer Kalender. In diesem Moment leuchtete es uns ein, warum es gestern auch in Nafplio so voll war. Es war Karnevalssonntag und heute ist Rosenmontag, Feiertag in Griechenland. Wir genossen das herrliche Wetter umgeben von zahlreichen griechischen Familien, die sich in den Tavernen und Cafés versammelten.

Am nächsten Morgen trödelten wir nicht, schließlich wollten wir heute die Palamidi Festung erkunden. Diese thront auf einem 216 Meter hohen Berg über Nafplio. Es war recht anstrengend, die knapp 1000 Stufen nach oben zu kommen. Der Ausblick wurde jedoch mit jeder Stufe schöner. Es war mittlerweile so sonnig und warm, dass wir nur noch T-Shirts anhatten. Da wir uns in der Unterkunft trotz Meerblick nicht so richtig wohlgefühlt haben, entschieden wir in der Nähe von Nafplio zu bleiben, aber die Unterkunft zu wechseln. So ging es nach der Besichtigung weiter in unsere neue Unterkunft.

Nachdem wir den Tag zuvor nur mit organisatorischen Angelegenheiten und einem kleinen Strandspaziergang verbracht haben, stand für den letzten Tag auf Peloponnes ein Tagesausflug nach Epidauros auf der Agenda. Epidauros ist die bedeutendste Kulturstätte für den Heilgott Asklepios und dessen Vater den Sonnengott Apollon. Zu seiner Blütezeit umfasste der Kurort viele Bauwerke. Besonders das große Theater ist heute noch sehr gut erhalten und wird für Konzerte genutzt. Die Stätte ist riesig und so haben wir dort mehrere Stunden verbracht. Am Abend packten wir bereits unsere Rucksäcke und bereiten uns für den langen Weg nach Thessaloniki (oder einfach Saloniki) vor. Unser Weg führte nach Athen zur Autovermietung und von dort mit dem Zug knappe fünf Stunden Richtung Norden nach Thessaloniki.

Endlich Zug fahren - Hugo ist aufgeregt.

Totentanz auf Peloponnes

04März2020

Nach einer kurzen Recherche über die aktuellen Mietwagenpreise in Griechenland, entschlossen wir uns Peloponnes auf eigene Faust zu erkunden. Der günstigste Wagen, "Modell Lotti" neueren Jahrgangs (Nissan Micra), kostet uns 50 Euro für zehn Tage. Freiheit, wir kommen!

Die Insel Peloponnes, die eigentlich eine Halbinsel ist. Ursprünglich gab es eine schmale Landverbindung zum griechischen Festland, die durch einen Kanal gekappt wurde. Bauzeit: 2.500 Jahre! Was der BER wohl dazu meint? Bei unseren Recherchen über Peloponnes stieß wir oft auf den Kanal von Korinth. Er ist nicht nur aufgrund seiner Geschichte ein beliebtes Touristenziel, sondern auch aufgrund seiner technischen Meisterleistung. Da wir jedoch keinen historischen Blog schreiben möchten, taucht einfach selbst in die Geschichte des Kanals von Korinth ein. Das "WWW" bietet genügend Lesestoff. Unseren Plan, am Kanal einen Stop einzulegen, verfehlten wir allerdings. Uns ist erst etliche Kilometer später aufgefallen, dass wir ihn bereits passiert hatten. Einen neuen Versuch starten wir auf dem Rückweg.

Hugo hat uns eine kleine Unterkunft in Sparta rausgesucht. Von dort machten wir am nächsten Tag einen Ausflug in die historische (und unglaublich romantische) Stadt Monemvasia. Der Weg führte uns durch die kleinen Dörfer. Es herrschte wenig Verkehr und vor Ort waren wir fast die einzigen Touristen. Auf dem Rückweg ist uns außerdem aufgefallen, dass die Fenster der Finkas fast alle geschlossen waren und so gut wie kein Auto in einer der vielen Einfahrten stand. Totentanz auf Peloponnes oder wie wir später herausfanden, der Zweitwohnsitz vieler Griechen vom Festland. Daher ist die Insel im Winter (wir haben aktuell fast 20 Grad), bis auf ein paar Einheimische so gut wie ausgestorben.

Am darauf folgenden Tag führte unser Weg zum Kap Tenaro, den südlichsten Festlandpunkt Griechenlands (sofern man Peloponnes als Halbinsel betrachtet). Vom Parkplatz wanderten wir circa 45 Minuten die schroffen Felshänge des Kaps entlang. Am Ende befindet sich ein kleiner Leuchtturm. Auch dort war es menschenleer, nur wir Hugo und ich. Und unsere Outdoorjacken. Wir genießen die Stille in vollen Zügen, mal schauen, wie lange sie noch anhält.

Auf dem Weg zu unserer nächsten Unterkunft in Olympia liegt das antike Messene. Ich hatte das ganz beiläufig in einem Reiseblog über Peloponnes gelesen, also planten wir einen "kurzen Abstecher" ein. Dort angekommen waren wir überrascht, wie imposant diese Stätte ist. Besonders einladend, da wir das riesige Gelände fast für uns alleine erkunden konnten.

Olympia, der Ursprungsort der Olympischen Spiele und mit großer Wahrscheinlichkeit das beliebteste Touristenziel von Peloponnes. Diesen Rückschluss zogen wir aufgrund der Anzahl der Touristen im Vergleich zu anderen Orten. Man mag sich nicht vorstellen, wie wuselig es hier zur Hochsaison sein muss. Für uns war die Ausgrabungsstätte nicht beeindruckender als andere, die wir bis dahin gesehen hatten. Der einzige Unterschied: Hier wurde Geschichte geschrieben, die für uns auch heute noch von großer Bedeutung ist. Unser Airbnb Host Kostas erzählte uns bereits am Abend zuvor allerhand über die Stätte. Er wäre ein toller Geschichtslehrer, so aufmerksam hörten wir ihm zu.

Meet us at the beach! Die Sonne lacht über Peloponnes, die Temperaturen steigen auf über 20 Grad. Wir machen uns auf den Weg in die kleine Hafenstadt Nafplio, am Meer.

Der "Dachdeckermeister" aus Manchester

29Feb2020

Nach einem gemütlichen Tag in Athen haben wir uns vorgenommen, der bereits besuchten Taverne einen zweiten Besuch abzustatten. Der Außenbereich neben dem Eingang ist gesäumt von Pflanzen, sodass man dort sicher auch an wärmeren Tagen einen netten Abend verbringen kann. Unser Weg führt uns aber nach unten, wo wir fast die einzigen Gäste sind.
 
Freundlich werden wir begrüßt, und uns werden die Gerichte des Tages offeriert. Wie schon beim ersten Mal, hört sich alles ganz fantastisch an und wir entscheiden uns für das Lamm aus dem Ofen, dem Coq au Vin, ein französisches Gericht, und dazu Fava, ein Püree aus gelben Erbsen. Bier und Wein runden das Essen ab. Wir werten den Tag aus und kommen mit dem Kellner ins Gespräch.
 
Als Wanderarbeiter hat er schon viele Orte gesehen. Schlussendlich hat es ihn nach Griechenland verschlagen, wo er seine zukünftige Frau, die Köchin und Eigentümerin des Ladens, kennenlernte. „Dann habe ich dich geheiratet“ erklärt er sich ihr zuwendend „und ich habe mich von dir scheiden lassen“ beendet sie seinen Satz. Vermutlich eine Beziehung mit Höhen und Tiefen. Wir schmunzelten. Ein weiterer Tiefschlag sollte am selben Abend folgen.
 
Dem geschiedenen Ehemann aus Manchester konnte man im Gesicht ablesen, dass Arbeit, Sonne, Alkohol und Zigaretten sein Leben bestimmen. Seine inmitten von tiefen Falten versteckten Augen blitzen auf, als er erfährt, dass wir aus Deutschland kommen und er nun von seinem Arbeitsaufenthalt in Magdeburg erzählen kann:
 
Es muss mehr zwanzig Jahre her sein, als er sich die Taschen mit „Deutschmark“ vollgemacht hat. Der Arbeitsauftrag lautete: das Dach des Finanzministeriums in Magdeburg decken. Dieser Aufgabe, sollte man als Dachdeckermeister gewachsen sein. Dass er sich den Titel "Dachdeckermeister" selbst gegeben hat, hat die Auftraggeber nicht gekümmert. Diese koordinierten ihre groß angelegte Geldwäsche aus den USA. Aus der Küche kamen durchdringende Blicke, die der Bauarbeiter aus Manchester, ohne hinzuschauen wahrnehmen konnte, abgewinkte, um weiter in der Geschichte fortzufahren. Er war sichtlich in seinem Element und wir hatten unseren Spaß.
 
Die Arbeit an dem Haus war kräftezehrend und ohne gelernten Vorarbeiter bauten sie, so gut sie konnten. Der Gebrauch der Kettensäge ist ihm, seiner Geste nach zu urteilen, noch deutlich in Erinnerung. Das Konstruktionsteam bestand aus unserem Mann aus Manchester, zwei Russen, ein paar Iren, sowie einige Schotten. Die Wochen vergingen und das Werk nahm Gestalt an. Doch im Laufe der Zeit sollte sich die Stimmung trüben. Die Entlohnung blieb aus und dies ließ vor allem die stämmigen Schotten zunehmend ungehalten werden. Die fehlende Entlohnung wurde mit klassischer Arbeitsniederlegung bestraft. Das sollte Wirkung zeigen, ein paar Tage später stand ein Mann mit Hut und Koffer zusammen mit seinen Bodyguards in der Tür. Neben denen sahen die Schotten wie Schoßhunde aus. Alle wurden in Bar ausgezahlt - die grünen Zwanziger sind deutlich in Erinnerung geblieben.
 
Man findet das Haus noch heute. Nach kurzer Google-Suche wurden wir fündig. Es steht ... noch. Dort heißt es: „Das Finanzministerium Sachsen-Anhalt hatte am Freitag den sofortigen Freizug eines Gebäudeteils mit mehr als 80 Büros angeordnet, nachdem Risse in den Wänden eines Gebäudeteils entdeckt worden waren.“ Link dazu.
 
Die Chefin gesellte sich nun dazu, schließlich wurden uns weitere Getränke angeboten. Noch bevor unsere Entscheidung fiel, stand ein weiteres Bier und eine kleine Flasche Tsipouro auf unserem Tisch. Die Unterhaltung verlagerte sich in die Küche, die Stimmung war gesellig und entspannt. Wir erzählen von uns und unseren Reiseplänen, sie von sich und ihrer Familie. Studiert in Montpellier, hat sie als Linguistikerin vor einiger Zeit zusammen mit ihrem Bruder das Restaurant ihrer Eltern übernommen. Das erklärte auch das Coq au Vin.
 
Das Telefon unseres Dachdeckermeisters klingelt und er entschuldigt sich, um nach draußen zu gehen. Wir reden weiter über Gott und die Welt und langsam neigt sich der Abend dem Ende. Dachten wir. Plötzlich werden wir von markerschütternden Schreien abgelenkt, zunächst dachten wir an einen Hundekampf. Unsere Neugier verlangte nach einem sichtbaren Beweis. Draußen zeigte sich schnell - es wurde kein Hund verletzt! Der zum Telefonieren nach draußen verschwundene Dachdeckermeister fand sich prügelnd vor einem parkenden Auto wieder. Die in diesem sitzende Frau schrie, der sich am Boden räkelnde Mann ächzte und ein Dritter wurde von weiteren Männern unter Protest vom Geschehen weggezerrt.
 
Unser Dachdeckermeister kam wie ein Boxer nach einem K.o. schnell, aber wackelig auf die Beine und wurde von seiner Ex-Frau lautstark zurück ins Restaurant zitiert. Blutüberströmt und sichtlich mitgenommen ließ er sich jedoch nicht nehmen noch einmal mit Schmackes gegen das Auto zu treten und richtete zielsicher seinen Mittelfinger gegen den deutlich jüngeren Kontrahenten. Wieder zurück in der Küche haben wir uns dann mit einer mitfühlenden Umarmung von der Besitzerin der kleinen Taverne verabschiedet, während sich der Dachdeckermeister aus Manchester verarztete.

Gimme The Light!

25Feb2020

Mit Hugo ist morgens nicht viel anzufangen. Aus dem Bett kommen und Konversationen vor neun Uhr führen, fallen ihm schwer. Diesmal konnte er den Wecker nicht etliche Male mit "10 Minuten Schlummern" ignorieren. Wir packten unseren letzten Kram zusammen und verließen Hugos Weddinger Wohnung. Völlig übermüdet machten wir uns auf den Weg zum Flughafen. Wie soll er sich anfühlen, der Moment vor unserem Abenteuer? Bauchkribbeln? Aufregung? Freudentränen? Nix da! Wir schauten uns an und waren uns einig, die Müdigkeit überwog in diesem Moment jedes andere Gefühl!
 
Wir nutzten die Zeit im Flieger für ein Nickerchen, bis uns der Kapitän mit seiner Wetterdurchsage für Athen weckte: 8 Grad, starker Wind und Regen. Wir freuten uns auf das schlechte Wetter, so konnten wir gleich unsere neuen Jacken testen. Auf dem Weg zur Unterkunft fielen uns sofort die unzähligen Orangenbäume auf. Sie stehen überall, tragen große Früchte und hinterlassen einen sommerlichen Eindruck im Athener Stadtbild. Leider kann man sie nicht essen, sie schmecken sehr bitter.
 

Vor einigen Wochen buchten wir uns eine Unterkunft für die ersten Tage und freuten uns auf das schnuckelige Apartment. Dort angekommen versuchten wir verzweifelt das Licht anzumachenn und probierten uns an den Sicherungen im Stromkasten. Nichts! Wir kontaktierten den Vermieter, er konnte bis zum Abend das Problem nicht beheben. Es war bereits dunkel als wir unsere Sachen packten. Währenddessen in meinem Kopf: Sean Paul mit "Gimme The Light". Die Stirnlampe kam früher als erwartet zu ihrem ersten Einsatz. Wir buchten uns eine neue Unterkunft und wie sagt man so schön: "Alles im Leben hat sein Gutes." Der Vermieter unserer neuen Unterkunft schickte uns zum Essen in eine nahe gelegene Taverne seines Freundes. Speisekarten gab es nur auf Griechisch, also bestellten wir die Empfehlungen des Kellners. Um uns waren ausschließlich Griechen, keine Touristen (wie wir) mit Outdoorjacken. Und das Essen: Fantastikós!

Bald geht es los

22Jan2020

Juhuu, ich bin glücklich. Oder besser: glücklich hoch zehn! Mein Herz springt, ein lang gehegter Traum erfüllt sich. Hugo hat endlich "Ja" gesagt! Wir werden... Nein. Quatsch! Keine Hochzeit, sondern ein "Ja" zur Kündigung und ein "Ja" zur Weltreise. Es fühlt sich verrückt an, aber heute in einem Monat geht es los und die Vorfreude auf die Reise steigt Tag für Tag.

Am Anfang konnte ich es nicht glauben, es dauerte ein paar Tage bis ich realisierte, dass Hugo es ernst meint! In den ersten Gesprächen über unsere Reisevorstellung zeigte sich schnell, dass wir uns in vielerlei Hinsicht einig sind. Es wird die richtige Entscheidung sein - und wenn nicht, gehen wir einen anderen Weg. Hauptsache gemeinsam. Alles wird sich finden. Irgendwie. Wie immer halt.

Zuerst haben wir uns eine große Weltkarte bestellt, um herauszufinden, wo wir überhaupt hinmöchten. Klar, wir hatten alle Erdkunde in der Schule, aber weiß man deshalb wo beispielsweise Suriname liegt? Wir verschafften uns einen ersten Überblick, schlossen direkt eine Handvoll Länder aus und entschieden, dass es Richtung Osten gehen soll. Unser Ziel: So wenig wie möglich fliegen. Ich fing mit meinen ersten Recherchen zu Reiserouten und Einreisebestimmungen an und habe zahlreiche Tipps gefunden. Ich fühlte mich schnell von all den Informationen überfordert. Wir entschieden uns, keine Reiseroute vorweg zu planen. Wir starten in Griechenland und ab da lassen wir alles auf uns zukommen. Entsprechende Visa beantragen wir von unterwegs. So erst einmal der „Plan“ – mal schauen, wo es uns tatsächlich hin verschlägt.

Seit September sind wir außerdem Stammgäste im Tropeninstitut. Die Beratung war super und mittlerweile sind wir per du mit der Impfschwester. Dadurch, dass wir beide bereits gut geimpft sind, brauchten wir nicht das volle Programm. Dennoch haben wir einige Impfungen bekommen. Jeder Impfgegner würde die Hände über den Kopf zusammenschlagen.

Suriname liegt übrigens an der Nordküste Südamerikas! Aber da werden wir höchstwahrscheinlich nicht hinreisen.